… übrigens …
Da uns KI immer mehr das Schreiben und Reden abnimmt, sollten wir dringend über die Macht der Sprache und ihre Wirkung auf andere nachdenken.
Von einem der letzten großen Philosophen des 20. Jahrhunderts, Ludwig Wittgenstein, stammt die weise Erkenntnis:
„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“
Sprache gehört zu den wichtigsten Fähigkeiten des Menschen, die es uns ermöglicht, die Welt zu erschließen und uns zu verständigen.
Sprache ist das Medium, unsere Gedanken mitzuteilen und bestimmt zugleich, welche Gedanken gedacht werden können.
Sprache prägt, wie wir die Welt und uns selbst sehen. Insofern ist sie immer auch politisch.
Die Sprache erben wir von unseren Vorfahren und mit ihr müssen wir in der Welt zurechtkommen.
Wenn Sprachmaschinen einen Großteil unseres Sprechens und Schreibens, von uns so gewollt, übernehmen, dann müssen wir uns fragen, wieviel wir von unserem inneren Tafelsilber selbstbestimmt verscherbeln.
Wenn wir immer weniger Lesen, Schreiben, Musizieren, Malen, Zeichnen, Sprechen, dann werden unsere entsprechenden Fähigkeiten dramatisch abnehmen. Im Sport gilt der Grundsatz „use it or lose it.“
Auch müssen wir uns die Frage stellen, inwieweit Sprachmodelle unsere Sichtweise verändern.
Das sind Fragen, die bisher in der Öffentlichkeit und von der Politik kaum gestellt werden.
Wir müssen aufpassen, dass die Sprachmaschinen nicht eines Tages, so Roberto Simanowski, Kulturwissenschaftler und Medienphilosoph, einen kaum bemerkten Hausfriedensbruch bei uns begehen, weil sie als nicht beauftragter Diener in unser Sein eingedrungen sind.
Wir tun uns, davon losgelöst, mitunter schwer mit der Sprache. Wer von uns hat nicht schon rechtfertigend oder entschuldigend angemerkt, etwas anderes gemeint zu haben, als das Gesagte vermuten lässt.
Wenn wir erläutern müssen, was wir gesagt haben oder zum Ausdruck bringen wollten, dann ist das nicht professionell.
Noch unprofessioneller wird es, wenn andere sich aufgerufen fühlen, zu erklären, was wir gemeint haben könnten.
Es gibt ein ehernes, unbarmherziges Gesetz der Kommunikation: Was nicht sofort verstanden wird, das wird überhaupt nicht verstanden.
Deshalb sind wir gut beraten, einige Kommunikationsregeln strikt zu beachten.
1. Über 80 Prozent unseres Denkens sind uns nicht bewusst,
2. Denken ist überwiegend physisch,
3. Menschen begreifen die Welt unterschiedlich,
4. wir begreifen die Welt zu einem großen Teil in Metaphern. Schon Aristoteles hat die Metapher als eine Kunstform der Rhetorik bezeichnet.
Auch sollten wir, bevor wir sprechen, daran denken, dass Worte Vorstellungen bei anderen auslösen und diese Vorstellungen deren Verhalten bestimmen.
Darum ist es so wichtig, das Vier-Ebenen-Modell von Friedemann Schulz von Thum zu berücksichtigen: Die Sachebene, die Beziehungsebene, die Appellebene und die Selbstoffenbarungsebene.
Zumindest sollten wir uns jedoch genau überlegen, wie unsere Worte auf der Empfängerseite, also bei den anderen, ankommen.
Das ist überzeugender, als Schadensbegrenzung vornehmen zu müssen.
Menschen sind unterschiedlicher Herkunft, sie wachsen in unterschiedlichen sozialen Verhältnissen auf. Sie machen ebenso jeweils eigene Erfahrungen. Das sollten wir beim Formulieren immer bedenken.
Das bestimmt, wie sie unsere Worte verstehen und interpretieren. Mit unseren Metaphern können wir wesentlich zu ihrem Begreifen und ihrer Sichtweise beitragen. Negativ wie positiv.
Ein Bild sagt eben mehr als 1000 Worte! Denken Sie nur an John F. Kennedy und seinen Satz „Ich bin ein Berliner“ oder an Ronald Reagans Worte „Mr. Gorbatschow tear down this wall“.
Denken Sie einmal darüber nach, wie in der politischen Diskussion eine über längere Zeit ständig benutzte Metapher auch in unseren Köpfen zum Common Sense wird.
Sie sehen, um mit Theodor Fontane zu sprechen, das ist ein weites Feld…
Nur noch einige, wenige Grundregeln für unser Sprechen:
· machen Sie kurze Sätze (maximal 16 Worte pro Satz)
· vermeiden Sie Schachtelsätze, sie verwirren nur
· formulieren Sie nicht negativ, sondern positiv
· aktiv formulieren ist stärker als im Passiv zu sprechen
· der Konjunktiv (könnte, würde, hätte …) kommt nicht gut an, Indikativ ist besser
· Fremdworte sind nicht Ausdruck der Bildung und können schiefgehen. Denken Sie nur an die oft falsche Verwendung von effektiv und effizient
· Verben sind stärker als die von Deutschen geliebten Substantive.
Das war eine kleine Einführung in die Welt des Sprechens und Kommunizierens.
Der Philosoph und Psychotherapeut Paul Watzlawik hat uns darauf hingewiesen, dass wir nicht nicht kommunizieren können. Diese fast schwäbisch-kryptisch anmutende Formulierung hört sich schwierig an. Er meinte, dass wir immer kommunizieren, auch wenn wir verbal nichts sagen.
Das gilt privat, beruflich, in Gesellschaft und Politik. Eben immer.
Umso mehr sollten wir das im bevorstehenden Landtagswahlkampf auch umsetzen.
Im nächsten Newsletter erfahren Sie dazu noch mehr.
Es lohnt, sich damit auseinanderzusetzen.
Mit herzlichem Gruß
Ihr
Criticus